Stahl ist nicht gleich Stahl
Eine kleine Materialkunde

Was versteht man unter Stahl?

Stahl bezeichnet alle metallischen Legierungen, deren Hauptbestandteil Eisen ist und die durch Schmieden oder Walzen plastisch umformbar sind. Der metallische Werkstoff Stahl ist eine Legierung (=Mischung auf atomarer Basis) des Elementes Eisen mit anderen nichtmetallischen oder metallischen Elementen. Das wichtigste Legierungselement für Stahl ist der Kohlenstoff. Durch Menge und Art der Legierungselemente lassen sich erwünschte Gebrauchseigenschaften erreichen und weniger erwünschte Eigenschaften unterdrücken.

Nach der klassischen Definition ist Stahl eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung, die weniger als 2,06 % (Masse) Kohlenstoff enthält. Bei höheren Anteilen von Kohlenstoff spricht man von Gusseisen, hier liegt der Kohlenstoff in Form von Graphit vor.

Was bedeutet Edelstahl?

Nichtrostender Stahl wird auch als Edelstahl bzw. hochlegierter Stahl bezeichnet. Diese Stähle enthalten im Allgemeinen mindestens 12 % Chrom und sind beständig gegen oxidierende Angriffsmittel. Höhere Chromgehalte und weitere Legierungsbestandteile, wie Nickel, Molybdän, Titan oder Niob verbessern die Korrosionsbeständigkeit. Entgegen weit verbreiteter Meinung bezeichnet Edelstahl nicht zwangsläufig einen chemisch besonders reinen, rostfreien oder nichtrostenden Stahl. Edelstahl ist ein legierter oder unlegierter Stahl, der sich durch besondere Gefügegleichmäßigkeit und weitgehende Freiheit von nicht metallischen Beimengungen wie z.B. Schwefel oder Phosphor auszeichnet. Die rostfreien Stähle werden in zwei Stahlgruppen aufgeteilt, die sich auf den Gefügezustand beziehen. Einmal die ferritischen und martensitischen Stähle (magnetisch) und zum andern die austenitischen Stähle (nicht magnetisch). Neben den Eisenerzen als Hauptrohstoff werden den nichtrostenden Stählen die verschiedensten Legierungselemente zulegiert. Dies sind insbesondere Chrom (15,5 – 19 %), Nickel (8,5 – 13,5 %) und Molybdän (2 – 2,5 %). Daneben können in kleinsten Mengen Mangan und Titan hinzulegiert werden.

Eigenschaften von Stahl

Typische Stahleigenschaften sind: gute Verformbarkeit, Strapazierfähigkeit, hohe Zugfestigkeit und Fließgrenze, gute Wärmeleitfähigkeit und, im Fall von rostfreiem Stahl, eine hohe Korrosionsbeständigkeit.

Stähle sind die am meisten verwendeten metallischen Werkstoffe.
Kohlenstoffgehalt, Art und Menge der Legierungselemente, aber auch die Prozessführung, insbesondere die Temperaturführung der Verhüttung und Verarbeitung, steuern die Eigenschaften eines Stahls. Das wichtigste Legierungselement im Stahl ist Kohlenstoff. Die Bedeutung von Kohlenstoff im Stahl ergibt sich aus seinem Einfluss auf die Stahleigenschaften. Im Allgemeinen wird Stahl mit höherem Kohlenstoffanteil fester, aber auch spröder. Durch Legieren mit Kohlenstoff und anderen Elementen in Kombination mit Wärme- und thermomechanischer Behandlung (gleichzeitige thermischer Behandlung mit plastischer Umformung) können die Eigenschaften von Stahl für einen breiten Anwendungsbereich angepasst werden. Der Stahl kann zum Beispiel sehr weich und dafür ausgezeichnet verformbar hergestellt werden, wie etwa das Weissblech der Getränkedosen. Demgegenüber kann er sehr hart und dafür spröde hergestellt werden, wie z. B. martensitische Stähle für Messer (Messerstahl). Moderne Entwicklungen zielen darauf, den Stahl gleichzeitig fest, leicht und duktil (verformbar) herzustellen.

Klassifizierung

Metalle (vom griech. Metallon = Bergwerk) werden in der Metallindustrie und im Handel unterschieden in Eisenwerkstoffe (=Eisen und Stahl) und Nichteisenmetalle (wie Kupfer, Zink, Bronze oder Messing). Je nach Legierungselementen und Kohlenstoffgehalt wird Stahl unterschieden in:

1.) unlegierter Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt < 0,2 %, und der mit Ausnahme des Elementes Mangan, kein Element mit mehr als 0,5% Anteil beinhaltet.

2.) niedriglegierter Stahl mit einem Kohlenstoffgehalt > 0,2 % und weiteren Legierungselemente unter 5 %

3.) hochlegierter Stahl mit einzelnen Legierungselementen von über 5 %.

Für besondere physikalische Eigenschaften wie hohe Zugfestigkeit sind immer hochlegierte Stähle erforderlich. Für unseren Rahmenbau kommen daher nur hochlegierte Stahllegierungen als Rohstoff zum Einsatz, welche die spezifischen Anforderungen beim Radsport am Besten erfüllen.

Warum wir Stahl im Fahrradrahmenbau verwenden.

Rennstahl Räder werden ausschließlich mit hochlegierten und mehrfach konifizierten Rohren im WIG Schweißverfahren gefertigt und in Manufakturarbeit aufgebaut. Diese Produktionsweise hat diverse Vorteile: wir können die Geometrie individuell nach unseren Vorstellungen gestalten, etwas was die Muffenbauweise beispielsweise nicht zulässt, da die Muffen die Geometrie vorgeben. Auch gegenüber gelöteten Rahmen führt diese Bauweise zu einem verwindungssteiferen und robusteren Endprodukt als ein gelöteter Stahlrahmen. Trotzdem sind unsere Stahlrahmen noch ausreichend flexibel, um den stahltypischen Fahrkomfort zu garantieren. Zudem ermöglichen unsere Stahlrahmen aufgrund der extrem hohen Festigkeit der verwendeten Rohrsätze einen reduzierten Rohrdurchmesser. Unsere Edelstahlrahmen sind an Filigranität, Purismus und Reduktion auf das Wesentliche kaum zu übertreffen. Das Thema Nachhaltigkeit ist gleichermaßen eines der zentralen Unternehmenswerte unserer Firma, keine oberflächliche Gewissensberuhigung. In unserem ganzheitlichen Ansatz werden die Stoffkreisläufe mit allen umweltrelevanten Aspekte einbezogen. Die Ökobilanz unserer Fahrräder haben wir während der gesamten Wertschöpfungskette im Auge, von der energieeffizienten Gewinnung der notwendigen Rohstoffe, der extrem langen Haltbarkeit des Endproduktes, bis hin zur Wiederverwertbarkeit. Bei der Gewinnung und Verarbeitung von Aluminium oder Karbon fallen zum Teil sehr toxische Abfallprodukte an, Unfälle führen zu erheblichen Umweltschäden. Die Förderung von Aluminium findet häufig in Ländern mit sehr fragwürdigen Bedingungen statt. Nicht so bei Stahl. Der Abbau ist umwelttechnisch und politisch unbedenklich. Bezieht man dann noch die hohe Lebensdauer von Stahl ins Kalkül mit ein, schont Stahl unsere knappen Ressourcen tatsächlich am nachhaltigsten: die Herstellung verbraucht wenig Energie und hinterlässt kaum umweltschädliche Abfallprodukte.

Warum wir unsere Rahmen nicht löten sondern schweißen.

Beim Schweissen werden die beiden Werkstücke an der Schnittstelle verflüssigt und gehen eine unlösbare Verbindung ein. Beim Hartlöten hingegen handelt es sich um Materialdiffusion an den Grenzflächen der Werkstücke, weil die Temperatur weit unter dem Schmelzpunkt der Werkstücke liegt. Die Werkstoffe werden also mittels geschmolzener Zusatzstoffe, dem Lot, deren Schmelztemperatur unterhalb derjenigen der zu verbindenden Werkstücke liegt, verbunden. Aufgeschmolzenes Lot und Grundwerkstoff bilden in einer dünnen Schicht eine Legierung und gehen so eine feste Verbindung ein. Dementsprechend kann diese Verbindung auch einfacher reissen. Eine Schweißnaht hält höhere Kräfte aus. Schweißen hingegen ist nicht so einfach zu handhaben. Etwas zu heiß oder zu langsam geschweisst, und man hat ein Loch im Rahmen. Daher ist die Überlegung der Rahmenbauer, die heutzutage noch in der Muffenbauweise fertigen oder muffenlos löten, meist folgende: Bei einer Schweißkonstruktion muß naturgemäß im Bereich der Schweißnaht Material zugegeben werden, da durch das Aufschmelzen des Metalls dessen innere Struktur verändert wird, die dann beim Erkalten andere Eigenschaften im Bezug auf Festigkeit, E-Modul oder Oberflächenhärte aufweist. Rahmenrisse finden daher naturgemäß nicht in der Naht selbst statt, sofern sie vorher sauber ausgeführt wurde, sondern neben der Naht durch Versprödung und Ermüdung des Bereichs um die Schweißnaht. Nicht so bei Rennstahl. Die Schweißnaht ist so perfekt und gleichmäßig gezogen, dass Volatilitäten bei der Verarbeitung ausgeschlossen werden können. Zudem verwenden wir nur Stähle der Kategorie der sogenannten „air-hardening“ Legierungen. Dabei wird beim Schweißen und anschließendem Abkühlungsprozess an der Luft die Zone im Nahtbereich härter als in der Ausgangssituation. Daher werden unsere Rahmen ausschließlich geschweisst. Beim WIG-Schweissen wird das Metall durch einen an der Wolfram(engl.: Tungsten)-Elektrode gezündeten Lichtbogen zum Schmelzen gebracht. Zusätzlich wird Schweisszusatz ins sogenannte Schweissbad hinzugeführt und so die beiden Rohre miteinander verschweisst. Bei Rennstahl wird der gesamte Vorgang durch eine Düse mit Edelgas (Argon) bespült, um eine Anbindung von Sauerstoff an die Schweissnaht zu verhindern. Rennstahl verwendet als eine der ganz wenigen Firmen zusätzlich auch Spülgas für das Innere des Rahmens, analog der Fertigung eines Titanrahmen, wo diese Vorgehensweise ohnehin obligatorisch ist. Die Maßnahme erhöht die Festigkeit der Schweissnähte abermals.

Darum verwenden wir folgende Rohrsätze für unseren Rahmenbau:

  • 931 Serie

Die extreme Festigkeit unserer Edelstahl-Legierung ermöglicht es, Rohre mit Wandstärken zu ziehen, die dünner sind als jemals zuvor, Wandstärken von nur bis zu 0,38 mm! Die spezielle chemische Zusammensetzung dieser Stahllegierung erzeugt eine überragende Dauerfestigkeit und reduziert gleichzeitig die Empfindlichkeit von Versprödungen durch Überhitzung im Bereich Schweißzone. Dies kann wiederum nur durch die Aufrechterhaltung der feinkörnigen Molekularstruktur realisiert werden. Dieser Rohrsatz ist nur geringfügig schwerer als 6061er Aluminium, während er gleichzeitig noch die typische Festigkeit, Haltbarkeit und die Fahreigenschaften von Stahl aufweist. Zugleich ist diese Legierung absolut korrosionsbeständig, sodass hier auf eine Lackierung verzichtet werden kann. Wir polieren daher unsere Rahmen sehr aufwändig auf und bringen anschließend im Sandstrahlverfahren (spezielle Mischung aus Quarzsand und Glasperlen) die Schriftzüge an. Das Ergebnis: Kein Lack, keine Aufkleber, Purismus in seiner gesamten Ausprägung! Ein Produkt, welches in seiner Reduzierung auf das Essentielle kaum zu überbieten ist. Aufgrund des Fokus eben dieses Rohrsatzes auf absolute Gewichtsvorteile, prädestiniert er sich im besonderen Maße für Fahrradrahmen, die für den harten Renneinsatz konzipiert sind. Die Leistungsfähigkeit unserer 931er Stahlrahmen steht somit in keiner Weise den geradezu empfindlichen Karbonrahmen nach. Nachteil wie immer: der Preis. Zudem haben wir auch hier den Rohrsatz unseren Erfahrungen aus dem Titanrahmenbau entsprechend individuell noch mal optimieren lassen. Dadurch liegt bereits der unverarbeitete Rohrsatz für diese Rahmen auf dem 10-fachen Preisniveau von Rohrsätzen bestehend aus herkömmlichen CroMo Legierungen. Stahl ist eben nicht gleich Stahl!

  • 853 Serie

Unser 853 Rohrsatz stellt das Flaggschiff unter den Legierungen für Stahlrahmen dar, der für harte Touring- und Alltagseinsätze konzipiert ist. Er fährt sich sehr komfortabel und absorbiert hervorragend Vibrationen auf unebenen Straßen. Sofern die Rohrdimensionen des Fahrradrahmens richtig ausgelegt sind, ist er zudem extrem haltbar. In Kombination mit einer guten Stahlgabel entsteht aus diesem Material die Basis für ein echtes „Rundum-Sorglos-Rad“.

Unser 853er Rohrsatz wird aus einem nahtlos gezogenem Stahl hergestellt. Ursprünglich wurde diese Legierung für den Seitenaufprallschutz für die Automobilbranche entwickelt. Dieser Rohrsatz gehört zu der Kategorie der sogenannten „air-hardening“ Legierungen. Der Begriff bezieht sich auf eine spezielle Kategorie von Stählen, die beim Schweißen und anschließendem Abkühlungsprozess an der Luft im Nahtbereich härter werden als in der Ausgangssituation. Ursache hierfür ist ein beim Schweißen stattfindender Prozess, durch welchen die Gitterausrichtung der Atome verändert wird: Die Atome sind nach der Hitzeeinwirkung enger miteinander verbunden, dadurch wird das Rahmenmaterial „fester“. Da sich in der Regel die kritische Zone für Rahmenbrüche immer in unmittelbarer Nähe der Schweißnähte befindet, haben wir uns bewußt für diesen Rohrsatz entschieden. Für Rennstahl wurde der Rohrsatz auf unsere Anforderungen hin optimiert und angepasst – alles für ein ermüdungsfreies, langes Fahrradleben.

Wichtig zu wissen: Unsere Rennstahl – Rahmen werden vor der Lackierung noch einer kompletten, sogenannten kathodischen Elektrotauchbadbeschichtung unterzogen.
Das beim Elektrotauchbeschichten zugrunde liegende physikalische/chemische Prinzip besteht darin, dass sich positiv geladene Partikel in einem wassergefüllten Tauchbad durch Anlegen einer Gleichspannung am Werkstück (der Kathode) abscheiden. Dabei scheidet sich die Beschichtung auch bei komplizierten Geometrien und in Hohlräumen ab. Es bildet sich ein gleichmäßiger Film über die gesamte Oberfläche. Somit wird der komplette Rahmen innen wie außen vollständig beschichtet und ist dadurch eben auch extrem rost- und schlagresistent. Diese sehr aufwändige Methode ist vergleichbar mit Produktionsverfahren von Premiumprodukten aus der Großindustrie. Natürlich hat das seinen Preis: bereits der Rohstoff kostet ca. 4-6mal mehr als eine herkömmliche CroMo Legierung. Details machen bekanntlich den Unterschied!

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